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Marc Föcking (Berlin)
"Ich weiß, daß ich häßlich bin" Leopardi, Mary Shelley und die Sublimität des Häßlichen
A stable opposition since antiquity, the antithetical
couples of "beauty" and "goodness" on the
one hand and "ugliness" and "badness" on the
other were deconstructed in the late eighteenth century, when
the new category of the sublime mixed up negative sensations with
a kind of pleasurable thrill. In Giacomo Leopardi's "Ultimo
canto di Saffo" (1822) and in Mary Shelley's gothic novel
Frankenstein or, The Modern Prometheus (1818), ugliness
is only a corporal feature and therefore it does not correspond
to a defect of moral values. Thus both authors situate their protagonists
in typically sublime landscapes such as icy mountains and the
arctic circle (Shelley) or stormridden dark valleys (Leopardi)
in order to highlight the new positive status of ugliness. But
Leopardi's aesthetics of the ugly is not an Italian version of
the French Romantics' "harmonie des contraires", because
for him ugliness is not an element of a totalizing system of Christian
metaphysics, but a sign of mere contingency and therefore a metonymy
of the condition of man. To bear this contingency without metaphysical
aid represents for Leopardi the highest degree of the freedom
of reason.
So reizvoll die Annahme auch ist, Leopardi könnte den Schauerroman
Frankenstein or, The Modern Prometheus gekannt haben -
weder Leopardi selbst noch die unermüdliche Quellen- und
Einflußforschung geben Hinweise darauf, daß der 1818
anonym erschienene und schon 1821 ins Französische übersetzte
Erfolgsroman Mary Wollstonecraft Shelleys, die zusammen mit ihrem
Mann Percy Bysse Shelley und George Byron bis 1822 in Pisa lebte,
bis nach Recanati oder gar zur Bibliothek der Familie Leopardi
vorgedrungen ist. Dabei hätte Giacomo Leopardi dem Schicksal
des häßlichen, namenlosen und ursprünglich 'guten'
Monsters, das die Stümperhaftigkeit eines ohnmächtigen
Schöpfers zum Leben jenseits der menschlichen Gemeinschaft
und zu grausamen Verzweiflungstaten zwingt, zweifelsohne höchstes
Mitgefühl gezollt. Mehr noch: Trotz der Leopardi sicher fremden
Botschaft Mrs. Shelleys, der Mensch dürfe sich nicht an die
Stelle des göttlichen Schöpfers setzen wollen, treffen
sich ihr Roman und Leopardis "Ultimo canto di Saffo"
von 1822 nicht nur in der Thematisierung der körperlichen
Häßlichkeit und ihrer Leiden, sondern auch in einer
spezifischen Art der Darstellung des Häßlichen, durch
die es aus seiner traditionellen Rolle als Gegenpol zum Schönen
befreit und zur autonomen ästhetischen Größe wird.
In den expliziten 'Quellen' Leopardis ist die Häßlichkeit
Sapphos nicht oder nur unwesentlich von Belang: Die historische
Sappho, die um 650 bis 610 vor Christus gelebt hat, fungiert in
Leopardis Zibaldone zur Entstehungszeit des "Ultimo
canto" als herausragendes Beispiel für die "letteratura
greca non solo incorotta, ma nello stato creatrice" (Leopardi
71962, I: 1539), also allein als Dichterin, mit deren Sprache
sich Leopardi philologisch auseinandergesetzt hat, um ein ideales
Vorbild für die italienische Dichtungssprache zu erarbeiten.
Doch was Leopardi im Zibaldone beschäftigt, spielt
im "Ultimo canto" kaum eine Rolle. Hier ist Sappho nicht
die gepriesene Dichterin, sondern die von Phaon verschmähte
Geliebte und Selbstmörderin der mythischen Überlieferung,
wie sie Ovid im 15. Brief der Heroides darstellt - was
Leopardi selbst erläutert: "Il fondamento di questa
Canzone sono i versi che Ovidio scrive in
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persona di Saffo, Se mihi difficilis formam natura negavit etc." (Leopardi 71962,
I: 447). Auch Alessandro Verris Roman Le avventure di Saffo
von 1782, der in der Familienbibliothek der Leopardi in Recanati
stand und aus dem Leopardi später ausgewählte Stücke
in seine Crestomazia italienischer Prosa übernahm
(vgl. Blasucci 1989: 75), basiert auf Ovids Sappho:
Primieramente i pregi esterni di Saffo sappiamo anche
dalla tradizione degli scrittori comuni, ch'essi erano molto inferiori
agli interni dell'animo; perché bellissimi erano i di lei
versi, tale però non era il di lei volto. (Verri 1988:
492) 1
Allerdings betont Verri, daß ihre Anmut, Lebhaftigkeit und
ihr dichterisches Talent die "difetti esterni" mehr
als ausgeglichen hätten und diese "difetti" nicht
die Ursache für Phaons Liebesunlust gewesen seien. Wie bei
Ovid hätte anstelle der körperlichen Häßlichkeit
jeder beliebige andere Grund Sapphos Liebestod motivieren können.
In Leopardis "Ultimo canto di Saffo" aber tritt die
ursprüngliche Liebesgeschichte zwischen Sappho und Phaon
weitgehend zurück: Auf unglückliche Liebe und Selbstmord
deuten lediglich das "Ultimo" des Titels, die "dispregiata
amante" in V. 25 und die Anspielung auf den Geliebten in
den Versen 58 bis 62 2. Was zählt,
sind die Reflexionen Saffos über die generellen Leiden an
der Häßlichkeit des "disadorno ammanto" (V.
54), und damit Elemente, die der historischen Sappho-Überlieferung
fehlen und für deren literarische Bearbeitung eher nebensächlich
sind. Das trifft übrigens auch für Franz Grillparzers
Trauerspiel Sappho zu, das am 21.4.1818 am Wiener Burgtheater
aufgeführt wurde und von dem Leopardi durch eine Rezension
in der von ihm regelmäßig gelesenen Biblioteca italiana
1818 gewußt haben kann (vgl. Carmassi 1984: 59). Grillparzers
Sappho ist keineswegs häßlich, vielmehr macht ihre
überragende, fast göttliche Dichtung ein Leben in der
Normalität glücklicher Liebe zu Phaon unmöglich.
Auf Grillparzer ist noch zurückzukommen.
Leopardi selbst hat im "Annuncio delle canzoni" von
1825 die Neuartigkeit des Themas vor dem Hintergrund der Tradition
also völlig zutreffend betont und den Inhalt des "Ultimo
canto di Saffo" zusammengefaßt als Darstellung der
"infelicità di un animo delicato, tenero, sensitivo,
nobile e caldo, posto in un corpo brutto e giovane" (Leopardi
71962, I: 151). Die Wahl des Themas scheint sich auf den ersten
Blick durch die Bedeutung der griechischen Literatur für
Leopardi zu erklären, deren Natürlichkeit und Kreativität
er im Zibaldone - im Gegensatz zum Lateinischen - als Modell
für die italienische Sprache favorisiert. Jedoch paßt
diese "antichità" des Sappho-Themas gerade nicht
mit dessen untraditioneller Behandlung im "Ultimo canto"
zusammen: Die Wahl des Themas impliziert den Anschluß an
die im Zibaldone vertretene zeitlose Idealität griechischer
Literatur, aber die Anti-Traditionalität seiner Behandlung
deutet auf die Unmöglichkeit ihrer Reproduktion. Damit ließe
sich folgende These formulieren: Im "Ultimo canto" besteht
ein ungelöster Konflikt zwischen der Ahistorizität des
Klassizismus und dem beginnenden historischen Bewußtsein
des frühen 19. Jahrhunderts, dessen Kristallisationspunkt
in der Funktionalisierung des Häßlichen liegt.
Die Frage, was denn diese "bruttezza" ausmacht, beantwortet
das Gedicht nur ex negativo, sei es durch negativierende
Präfixe ("disadorno ammanto", V. 54; "velo
indegno", V. 55), sei es durch die Kontrastierung Saffos
mit der "beltà" der Natur (Strophe 2). Dieses
Konzept der Häßlichkeit
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als Gegenbegriff des Schönen entspricht Leopardis Auffassung aus dem Zibaldone, daß
die "idea del brutto e del cattivo è posteriore a
quella del buono e del bello" (Leopardi 7/1962, I: 789). Daß
er damit nicht in die klassizistische Theorie der Schönheit
als absoluter, unwandelbarer Kategorie einstimmt, liegt an der
den ganzen Zibaldone durchziehenden Auffassung von der
Relativität des Schönen und damit auch des Häßlichen:
Wenn die Idee des Schönen und seiner Kriterien wie "proporzione"
und "convenienza" stets nur verinnerlichte Konvention
ist (Leopardi 71962, I: 75, 797f.), dann ist auch das Häßliche
Ergebnis einer historisch und sozial wandelbaren Kategorienbildung,
die er am Beispiel einer einäugigen Bekannten illustriert:
"L'immagine pertanto ch'ella si formava della bellezza umana,
era di un uomo cieco da un'occhio, ed avrebbe stimato difetto
il contrario" (Leopardi 71962, I: 1012) 3.
Diese relativistische, sensualistische Auffassung des Häßlichen
4 findet sich auch im "Ultimo
canto". Der Gegenbegriff zu Saffos Häßlichkeit
ist dort nämlich nicht die "schöne" Natur
schlechthin, sondern eine idyllische Landschaft, die sich mit
dem "canto de'colorati augelli", dem "candido rivo"
und den schattenspendenden Bäumen (VV. 27ff.) ganz als locus
amoenus der bukolischen Tradition antiker Dichtung präsentiert.
Daß dieses Idyll als konventionalisierte Natur der klassischen
Antike erkannt wird, scheint Leopardi wichtig gewesen zu sein,
denn er kombiniert hier neben anderen topischen Elementen des
Lustorts die "faggi" (V. 30) - der typische Baumbestand
des Vergilschen Lustorts - mit "salici" (V. 32), wie
wir sie aus der Grotte der Kalypso in der Odyssee 5, 63,
kennen 5. Damit wird der idyllische
Ort zum Sinnbild für die Natur- und Schönheitsauffassung
der klassischen Antike, eine Schönheitsauffassung, die ganz
auf der Korrelation von kalos und agatos, von ästhetischem
und moralischem Wert basiert: Diese Auffassung, die Platon etwa
im Hippias maior oder im Phaidros entwickelt hat,
bestimmte das Schöne essentialistisch als ewige, von Konventionen
unabhängige Idee des Schönen, das dem Menschen als Trias
von ästhetisch, ethisch und noetisch Schönem zugänglich
sein kann (vgl. Zimmermann 1984: 349ff.). Daß für Platon
diesen drei Erscheinungsweisen der Idee des Schönen dieselbe
Struktur der Harmonie als Ausdruck von Einheit, Reinheit, Unveränderlichkeit
innewohnte, ist für die klassizistische Tradition bis zum
Neoklassizismus des 18. Jahrhunderts ebenso prägend gewesen
wie die "Notwendigkeit dieses Zusammenhangs und das spezifische
Entsprechen von Seele und Leib", die Hegel in seiner Ästhetik
als Basisannahme der Klassik ausgewiesen hat. Daß das Häßliche
als äußerer Widerspruch der leiblichen Erscheinung
zur "schönen Seele" in der klassischen Kunst und
ihrer Verkörperung des Ideals der Schönheit an und für
sich" (Hegel 1984, II: 113) keinen Platz haben kann, ist
für Hegel ebenso ausgemacht wie für den italienischen
Neoklassizismus, der die Darstellung des "bello ideale"
als zeitloses Ziel der Künste betrachtete (vgl. Puppo 1975:
8f.). Das Sujet des "animo (...) nobile e caldo, posto in
un corpo brutto e giovane" ist ebenso wie Leopardis anti-essentialistische
Auslassungen im Zibaldone eine flagrante Verletzung der
klassizistischen Doktrin, für die das körperlich Häßliche
allenfalls im Bereich komischer Genera darstellbar war, so daß
sich hinter der thematischen Neuheit, die Leopardi im Annuncio
1825 hervorhebt, eine deutlich gegen den Neoklassizismus gerichtete
Stoßrichtung verbirgt.
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Wenn vor diesem Hintergrund Leopardis Saffo aus dem klassizistischen
Idyll ausgeschlossen wird, stimmt das auf den ersten Blick mit
der klassizistischen Doktrin wieder überein:
A me non ride/Aprico margo, e dall'eterea porta/Il
mattutino albor; me non il canto/ De'colorati augelli, e non de'faggi/Il
murmurar saluta: e dova all' ombra/Degl'inchinati salici dispiega/Candido
rivo il puro seno, al mio/ Lubrico piè le flessuose linfe/
disdegnando sottragge. (VV. 33ff.)
Da dieses Idyll nach antiker Auffassung gleichzeitig Ort der Liebe
und der Dichtung war (vgl. Curtius 101984: 165), ist das von Saffo
beklagte Scheitern der Liebe ("dispregiata amante",
V. 25) und das Versagen des Ruhms ("e per virili imprese,
per dotta lira o canto,/virtù non luce in disadorno ammanto",
VV. 52ff.) mit diesem Ausschluß schon impliziert 6.
Weil die Saffo des "Ultimo canto" ihre Häßlichkeit
aber nicht als göttliche Strafe und äußeres Zeichen
inneren Unwerts ansieht, sondern sie einem blindwütigen "dispensator
de'casi" (V. 58) anlastet, kontrastiert Leopardi den klassisch-essentialistischen
Gedanken der Notwendigkeit des Körperlich-Häßlichen
mit dem modernen ihrer Kontingenz, wie ihn Georg Christoph Lichtenberg
1778 gegen Lavaters Physiognomik vertrat: "Oder füllt
die Seele den Körper wie ein elastisches Flüssige, das
allzeit die Form des Gefäßes annimmt: so daß,
wenn eine platte Nase Schadenfreude bedeutet, der schadenfroh
wird, dem man die Nase platt drückt" (Lichtenberg 1983,
II: 89).
Daß Leopardis Saffo, obwohl Gestalt der klassischen Antike,
genau dasselbe hätte sagen können, macht die Anti-Traditionalität
ihrer Behandlung noch einmal deutlich. Erst aus dieser anachronistischen
Montage beider Konzepte körperlicher Häßlichkeit
im "Ultimo canto" entwickelt sich Saffos Drama des "animo
nobile (...) posto in un corpo brutto", und genau dieses
Drama läßt sich mit dem des Geschöpfs Dr. Frankensteins
aus Mary Shelleys Schauerroman vergleichen: In beiden Fällen
ist die Häßlichkeit Produkt des Zufalls, ja der Unfähigkeit
der Schöpfer. "His limbs were in proportion, and I had
selected his features as beautiful", beschreibt Frankenstein
seine guten Absichten, doch: "Great God! his yellow skin
scarceley covered the work of muscles and arteries; his hair was
a lustrous black, and flowing; (...) but these luxuriances only
formed a more horrid contrast with his watery eyes, (...) his
shrivelled complexion and straight black lips" (Shelley 1994:
55). Bedeutet für die klassische Theorie des Schönen
Harmonie die einheitstiftende, ausgewogene Entsprechung aller
Teile eines Individuums, so ist Frankensteins Monster häßlich
in diesem Sinne, denn Mary Shelley unterstreicht eben den diese
Entsprechung störenden "horrid contrast" der Elemente.
Dennoch: Ursprünglich böse ist das Monster nicht - es
bezeichnet sich selbst als "a poor, helpless, miserable wretch"
unmittelbar nach seiner Erschaffung (Shelley 1994: 98). Weit entfernt,
seiner Häßlichkeit ensprechend böse zu sein, entwickelt
sich sein Sinnen- und Gefühlsleben sensualistisch nach dem
Condillacschen Statuen-Modell von den einfachsten Sinneseindrücken
bis zur vollen Entfaltung der Intelligenz, inklusive der autodidaktisch
erworbenen Fähigkeit, seinen Lebensbericht zu verfassen.
Nicht die böse Seele ist ursächlich für seine Häßlichkeit,
umgekehrt verdammt ihn seine Häßlichkeit dazu, einsam
und dadurch böse zu werden.
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Wenn sich Leopardi Saffo auch sicher nicht als weiblichen Boris
Karloff vorgestellt hat, leiden doch beide gleichermaßen
daran, daß für ihre Umwelt die semiotische Relation zwischen körperlichen und seelischen
Merkmalen immer noch - zu Unrecht - besteht: "I was benevolent
and good, misery had made me a fiend", klagt das Monster
(Shelley 1994: 96). Tatsächlich leidet das Monster nicht
weniger als Saffo an sozialer Isolation und Lieblosigkeit, auch
für es ist eine idyllische Lebensform unmöglich. Interessanterweise
baut Mary Shelley in den Bericht des Monsters eine ausführliche
Schilderung des ersten Kontakts mit den Bewohnern eines Dorfes
ein, das seinerseits alle Züge eines ländlichen Idylls
trägt. Gesteigert findet sich dieses Idyll in einem "cottage
of a neat and pleasant appearence", dessen Bewohner das Monster
aus seinem Versteck in einem angebauten Verschlag beobachtet:
"The young girl was occupied in arranging the cottage; but
presently she took something out of a drawer, which employed her
hands, and she sat down beside the old man, who, taking up an
instrument, began to play and to produce sounds sweeter than the
voice of the thrush or the nightingale" (Shelley 1994: 102).
Die Elemente des Idyllischen sind weniger deutlich als in Leopardis
verbotenem locus amoenus, aber immer noch spürbar:
das ländliche, einfache Leben, die Musik und die metaphorisch
anwesende Nachtigall. Doch die Erkenntnis seiner Häßlichkeit
kommt ihm angesichts dieser "perfect forms of my cottagers
- their grace, beauty, and delicate complexions: but how was I
terryfied when I viewed myself in a transparent pool" (Shelley
1994: 109), und sein Versuch, selbst Aufnahme in das Idyll zu
finden, zerstört es, denn die Cottage-Bewohner fliehen in
panischer Angst bei seinem Anblick. Erst diese Enttäuschung
treibt das Monster, sich an Dr. Frankensteins Familie zu rächen
und von ihm vergeblich die Schaffung eines weiblichen Gegenbilds
zu verlangen, das seine Einsamkeit und seine Schreckenstaten beenden
würde: "My vices are the children of a forced solitude
that I abhor" (Shelley 1994: 142).
Daß Shelley wie Leopardi diese Dissoziierung von körperlicher
und moralischer Häßlichkeit durch eine die Häßlichkeit
ästhetisch entlastende Darstellung unterstreichen, zeigt
auch jenseits der puren histoire die Verwandtschaft der
auf den ersten Blick so unterschiedlichen Texte. Shelley wie Leopardi
koppeln nämlich die Häßlichkeit ihrer Protagonisten
mit einer Landschaft des "Erhabenen", in der der Kontrast
zwischen dem Schönen und dem Häßlichen aufgehoben
ist. Der locus amoenus ist dem Monster wie auch Saffo verschlossen,
doch ist die Alternative nicht der traditionell negativ besetzte
locus horridus, sondern eine stürmisch-wilde, einsam-unendliche
Naturszenerie à la Ossian: So streift Frankenstein durch
das Gebirgsmassiv des Mont Blanc mit seinem "unstained snowy
mountain-top, the glittering pinnacle, the pine-woods, and ragged
bare ravine", und bekennt, daß der Anblick des "tremendous
and ever-moving glacier (...) had filled me with the sublime ecstasy
that gave wings to the soul. (...) The sight of the awful and
majestic in nature had indeed always the effect of solemnising
my mind" (Shelley 1994: 92). Ein Gedanke, der direkt aus
Edmund Burkes A Philosophical Enquiry into the Origin of Our
Ideas of the Sublime and Beautiful (1757) zu stammen scheint,
denn hier ist "a vast extend of land", "obscurity",
"terror", "Vacuity, Darkness, Solitude and Silence"
Quelle des Erhabenen, das im Menschen ein aus Lust und Schrecken
gemischtes Gefühl hervorrufe (Burke 1968: 57ff.) 7.
Das Besondere an dieser in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
intensiven Diskussion um das Erhabene in Natur und Kunst ist,
daß es das Häßliche aus seiner Opposition zum
Schönen befreit
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und ihm einen positiven ästhetischen
Autonomiestatus zuerkennt. Insofern ist es kein Zufall, daß Frankenstein
gerade auf seiner Wanderung durch die sublime Bergwelt seinem
Geschöpf begegnet; ja, daß Mary Shelley das Monster
stets in zweifelsfrei erhabenen Landschaften auftreten und schließlich
nach vollbrachter Rache an seinem Schöpfer in der eisig-unendlichen
Wüste der Arktis verschwinden läßt 8,
scheint eine direkte Illustration der lapidaren Aussage Burkes
"Ugliness I imagine likewise to be consistent enough with
an idea of the sublime" (Burke 1968: 119) 9
zu sein.
Genau dieselbe ästhetische Entlastung des Häßlichen
nimmt auch Leopardi im "Ultimo canto" vor: In der ersten
Strophe ordnet sich Saffo einer nächtlichen Gebirgslandschaft
zu, die mit einem heranziehenden Gewitter ("il grave carro
a noi sul capo/tonando", V. 12f.), Felsschluchten ("rupe",
V. 3; "balze", V. 14) und Wasserfällen ("alto/fiume
alla dubbia sponda", V. 16f.) nicht nur die generellen Merkmale
einer "erhabenen Landschaft" aufweist, wie wir sie in
den pseudo-ossianischen Gesängen James Macphersons finden,
sondern die sich auch über explizite intertextuelle Verweise
unmittelbar auf die Natur im ossianischen Canto di Selma
zurückführen läßt 10.
Wenn auch bislang keine Interpretation des "Ultimo canto"
ohne einen Hinweis auf diese "Ossianisierung" der Sappho-Legende
ausgekommen ist 11, so ist die konkrete
Funktion dieser "erhabenen Naturlandschaft", die Leopardi
unmißverständlich in Kontrast zum "spettacol molle"
(V. 7) des verschlossenen Naturidylls in Strophe 2 gesetzt hat,
konsequent übersehen worden. Dabei hat Leopardi deutlich
den Kontrast durch parallele Komposition hervorgehoben: Das nächtliche
Gewitter steht in Opposition zum "aprico margo" sonniger
Landschaft des Idylls, die "epische" Waldlandschaft
zum Hain aus Buchen und Weiden, der "alto fiume" zum
"candido rivo" (V. 34) u.s.f.
Da die Ästhetik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
im Konzept des "Erhabenen" den klassischen Gegensatz
von Schönheit und Häßlichkeit dekonstruiert hat,
unterstreicht die Zuordnung Saffos zum "erhabenen" Naturraum
die aufklärerisch-sensualistische Dissoziierung von kalos
und agatos, wie sie sich in Leopardis Darstellung der körperlichen
Häßlichkeit Saffos spiegelt. Der zunächst verstörend
anmutende Vergleich des "Ultimo canto" mit Mary Shelleys
gothic novel rechtfertigt sich also durch deren gemeinsame
Basis, die Auflösung des klassischen Schönheitsbegriffs
im Laufe des 18. Jahrhunderts. Schon deshalb läßt sich
Leopardis canto keineswegs befriedigend als - wenn auch
gefilterte - autobiographische Klage über die eigene körperliche
Gebrechlichkeit interpretieren, so beliebt diese Lösung in
der Leopardi-Philologie auch ist 12.
Unbefriedigend ist diese Lösung aber auch, weil sie den Stellenwert
des Häßlichen in der Dichtung und Ästhetik des
frühen 19. Jahrhundets außer acht läßt.
Denn wenn Leopardi einerseits die "novità" des
Sujets hervorhebt und dieses Sujet andererseits das Häßliche
ist, dann widerspricht beides den Grundaxiomen der neoklassizistischen
Doktrin in Italien, nämlich der modellhaften, "novità"-feindlichen
Idealität der klassischen Antike und der Verpflichtung zur
Darstellung des "bello ideale". Das sind Axiome, die
die neoklassizistischen Parteigänger nach dem berühmten
Brief Madame de Staëls Sulla maniera e la utilità
delle traduzioni, erschienen 1816 in der Biblioteca italiana,
gegen die Romantik zu verteidigen suchten. Leopardis Wahl und
besondere Perspektivierung der Sappho-Thematik ist vor diesem
Hintergrund auch insofern
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bemerkenswert, als "Sappho"
einen gewissen Stellenwertin der italienischen Polemik zwischen Neoklassizismus und Romantik
hatte: Die 1818 in der Biblioteca italiana erschienene
Rezension zu Grillparzers Sappho bezeichnete den Wiener
Erfolg des Trauerspiels als schweren Schlag gegen die Sache der
Romantiker. Allerdings konnte der Rezensent auch nicht übersehen,
daß das Thema zwar "degnissima di elegia, ma non di
tragedia" sei, ja daß die Einhaltung klassischer Tragödienkonventionen
eher formaler als inhaltlicher Natur war (Carmassi 1984: 35).
Leopardis "Ultimo canto" hätte es einem zeitgenössischen
Rezensenten noch schwerer gemacht, über der klassizistischen
Themenwahl die Nähe zum romantischen Gedankengut und zur
Galerie romantischer Häßlichkeit von Frankensteins
Monster bis zu Hugos Quasimodo oder Triboulet zu übersehen.
Denn eben die Romantik entwickelte nachdrücklich Modelle,
die das Häßliche über dessen sensualistische Positivierung
hinaus in ein metaphysisches Schema historisch wandelbarer Realität
integrierte. Diese Historisierung ersetzte die aufklärerische
Taxonomie ästhetischer Kategorien durch ein organisches Verlaufsmodell:
Italienische Romantiker wie Lodovico di Breme oder Ermes Visconti
banden in ihren Schriften seit 1816 die romantische Dichtung an
das die heidnische Antike ablösende Christentum, nicht anders
als später Hugo in der "Preface de Cromwell". Die
Möglichkeit, das Häßliche in seiner Gestalt des
"lugubre" in die Dichtung aufzunehmen, folgte für
di Breme in seinen "Osservazioni su 'Il Giaurro'" von
1818 unmittelbar aus seiner Verbindung zum "patetico"
der modernen, christlichen Dichtung (Di Breme 21979: 198ff.).
Diese Ermöglichung des Häßlichen in einer Dichtung,
die sich historisch als "modificata secondo i vari tempi"
(Blasucci 1989: 212) begreift, teilt die italienische Romantik
bei allen spezifischen Unterschieden mit der französischen,
wie sie in Hugos "Preface" zum Ausdruck kommt. Auch
hier hat das Häßliche seine Berechtigung, weil die
christliche Anthropologie oxymoraler leiblich-geistiger Natur des
Menschen eine post-antike Ästhetik hervorgebracht hat: Für
Hugo steht das multiforme "grotesque", das das Bizarre,
das geistig wie körperlich Häßliche und Komische
umfaßt, für die irdisch-leibliche Existenz des Menschen
und bleibt gebunden an seinen spirituellen Gegenpol, das "sublime"
der himmelwärts strebenden menschlichen Seele (vgl. Hugo
1963: 424ff.). Hegels schon rückwärtsgewandte große
Synthese der posthum erschienenen Ästhetik ist mit
ihrer Begründung der "Schilderung des Lasterhaften,
Sündlichen (...) Bösen" und Häßlichen
in der romantischen, christlichen Kunst durch die "Zerrissenheit
und Dissonanz des Inneren" (Hegel 1984, I: 160) nicht weit
von Hugos "harmonie des contraires" entfernt.
Wie steht nun Leopardis "Ultimo canto" zu dieser metaphysischen
Begründung des Häßlichen? Wie in der romantischen
Ästhetik ist die Häßlichkeit nicht einfach in
den Dienst des sensualistischen Sublimen zur Erzeugung der paradoxen
Empfindung eines genußvollen Horrors genommen, sondern eingebunden
in ein metaphysisches System. Im Gegensatz zu Mary Shelleys ausführlicher
und effektvoller Beschreibung des abstoßenden Monsters beläßt
es Leopardi bei der lakonischen Benennung der bloßen Tatsache
des "disadorno ammanto". Es ist wie die sublime Landschaftsschilderung
nicht lediglich Vehikel lustvoll-schauerlicher Reizsteigerung.
Eine metaphysische Steigerung erfährt Saffos Häßlichkeit
nämlich im Unterschied zum singulären, höchst ungewöhnlichen
Schicksal des Shelleyschen Monsters, da Leopardi sie als Synekdoché
für das menschliche Elend schlechthin setzt, für "il
morbo, e la vecchiezza, e l'ombra della gelida
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morte" (VV. 67f.). Ein Elend, dessen Ursache Leopardi in der Amalgamierung
von Rousseauscher Dekadenztheorie und biblischem Schöpfungsbericht
des in den Canti vorhergehenden "Inno ai Patriarchi"
als Austritt aus dem paradiesischen Naturzustand gesehen hatte
(vgl. Föcking 1995). Die "possa de morbi", der
der denaturierte Mensch hier verfallen war (Leopardi 7/1962, I:
34), findet sich auch im "Ultimo canto" (VV. 67f.),
so daß wir Saffo als Stellvertreterin einer dem glücklichen
Naturzustand entfremdeten modernen Menschheit deuten können.
Aus dieser Perspektive gewinnt auch der Ausschluß Saffos
aus dem harmonischen Naturidyll einen weitergehenden Sinn: Dem
modernen Menschen ist der Zugang zum unproblematischen, harmonischen
Naturgefühl der klassischen Antike ebenso verwehrt wie zur
Idyllik der klassischen Dichtung - daher auch die deutliche Markierung
des locus amoenus der zweiten Strophe als homerisch-virgilianisches
Idyll. Insofern ist die Opposition zwischen beiden Naturräumen
keine synchrone, sondern eine diachrone: Zu der Zeit, als Saffo
noch ahnungslos war, als ihr die "erinni e il fato"
(V. 55) noch unbekannt waren, waren ihr Mond und Nacht noch "dilettose
e care" und boten ein nur schönes "spettacol molle"
(V. 7); diese angenehme Sinnlichkeit betont Leopardi durch eine
entsprechende Lexik, durch "dilettose", "molle",
"arrie". Zu dieser Zeit war ihr der "gaudio"
an der sublimen Natur noch "insueto", unvertraut. Dieses
"einst" der idyllischen Naturerfahrung läßt
Leopardi mit dem "jetzt" zusammenprallen. Ein Zusammenstoß,
dessen Heftigkeit dadurch unterstrichen wird, daß die Sinneinheiten
"einst" und "jetzt" nicht mit metrischen Einheiten
zusammenfallen, sondern inmitten eines Verses (V. 5) kollidieren.
Das "jetzt" beherrscht der zuvor unbekannte "gaudio"
an der erhabenen Natur, die nicht mehr lustvoll-positive Sinnenreize
hervorruft, sondern schmerzhafte des lärmenden Donners ("grave
carro") und Wasserfalls ("vittrice ira dell'onde").
"L'ultimo canto" zeichnet damit noch einmal den im "Inno
ai Patriarchi" als historisches Tableau angelegten Austritt
aus der Zeit des klassischen Naturverständnisses in die der
nachklassischen Naturerfahrung nach, zentriert auf das Bewußtsein
eines einzelnen Individuums.
Leopardi geht hier dichterisch ähnliche Wege wie vor ihm
Friedrich Schiller in seinem Aufsatz "Über naive und
sentimentalische Dichtung" von 1795: Für Schiller ist
die "naive" Dichtung aus der "fröhlichen Einbildungskraft,
nicht der grübelnden Vernunft" (Schiller 1942-67, XX:
431), nach dem Bruch der Natureinheit für den modernen Dichter
unmöglich geworden. Da dieser nur ein Gefühl für
die Natur hat, das der "Empfindung des Kranken für die
Gesundheit gleicht" (Schiller 1942-67, XX: 431) - wir kennen
den "morbo" bei Leopardi als Kennzeichen für den
Verlust ursprünglicher Einheit mit der Natur im "Inno
ai Patriarchi" -, kann seine Dichtung als "sentimentalische"
diese verlorene Natureinheit stets nur unter dem Signum der Abwesenheit,
der Sehnsucht, kurz, des "Erhabenen" beschreiben 13.
Leopardi hat 25 Jahre später und ohne direkte Kenntnis dieser
Überlegungen ganz ähnlich seine eigene "carriera
poetica" als "passaggio dallo stato antico al moderno"
gekennzeichnet: "Ed io infatti non divenni sentimentale,
se non quando perduta la fantasia divenni insensibile alla natura,
e tutto dedito alla ragione e al vero" (Leopardi 71962, III:
162). Die häßliche Dichterin Saffo des "Ultimo
canto" teilt diesen "passaggio" und wird damit
autoreflexiv zum Sinnbild des "sentimentalischen" Dichters
erhoben, der die Natur einzig unter dem Signum des Erhabenen fassen
kann.
PhiN 1/1997: 25
Wie in der romantischen Theorie wird die Häßlichkeit
an ein historisches Verlaufsmodell von Menschheits- und Dichtungsgeschichte
gebunden, und erst durch den romantischen Bruch mit der klassizistischen
Ästhetik wird das Thema überhaupt aussprechbar. Aber
christlich gerechtfertigt wird die Häßlichkeit nicht,
sie hat ebensowenig wie das Schöne eine Bezeichnungsfunktion
für christliche Werte. Eben weil für Leopardi das christliche
Weltbild zerstört ist, wird bei ihm das körperlich Häßliche
nicht wie bei Hugo zum Zeichen christlich gedachter Erlösungsbedürftigkeit
metaphorisiert, sondern kann als Folge der alle Erlösungshoffnungen
negierenden Dekadenztheorie des "Inno" nur pars pro
toto unumkehrbaren menschlichen Elends sein. Das ist der Preis
für die aus jeder christlich-romantischen "harmonie
des contraires" in die völlige Freiheit entlassene Kategorie
des Häßlichen als conditio moderna im "Ultimo
canto", zu der es keine Alternative idealisch-antiker oder
himmlisch-christlicher Schönheit mehr geben kann.
Und eben in dieser Alternativlosigkeit liegt auch der Ansatzpunkt
für eine ästhetische Positivierung dieser modernen Häßlichkeit.
Leopardi belegt nämlich Saffos Empfinden der erhabenen Natur
nicht mehr mit Ausdrücken des sinnlich Schönen, des
reinen, lustvollen Wohlgefallens, wie sie mit der antiken Idylle
verbunden waren. Er bleibt auch nicht bei der neoklassizistischen
Sehnsucht nach der entschwundenen klassischen Welt stehen. Vielmehr
empfindet Saffo angesichts des Sturms, der Nacht, des Wasserfalls
nicht sinnliches "piacere", sondern "gaudio"
(V. 8) als spezifische Form geistiger Lust. Saffos metaphysische
Häßlichkeit des modernen Menschen erlaubt ihr die Erhebung
über das nur Sinnliche zur Freiheit der Vernunft. Wie in
Leopardis Selbsteinschätzung wird sie "insensibile"
gegenüber der sinnlichen Natur und durch den "gaudio"
"tutta dedita alla ragione e al vero" (Leopardi 7/1962,
III: 162). Mit dieser Valorisierung haben das Erhabene und das
Häßliche bei Leopardi den letzten Rest des sensualistischen
Schauerlichen abgestreift und werden, durchaus vergleichbar der
Theorie des Erhabenen bei Schiller, zum Signum der Freiheit der
Vernunft.
Leopardis "Ultimo canto" ruht daher auf den Voraussetzungen
romantischer Historizität und deren Aufwertung des Häßlichen.
Romantische Lösungen aber bietet er nicht, vielmehr werden
diese gleichzeitig über- und unterboten: Er überbietet
sie, weil er einen achristlichen Kontingenzgedanken über
sie stülpt, der in die Mitte des 19. Jahrhunderts und auf
die Ausklammerung jeglicher Sinn- und Wesensfragen der empiristischen,
positivistischen Philosophie verweist. Er unterbietet sie jedoch,
weil er durch die Wahl der Sappho-Thematik noch partiell an der
Vorstellung zeitloser Idealität der klassischen Antike festhält.
Daß er aber Saffo, im Zibaldone zur gleichen Zeit
als Beispiel der homerischen, vorsentimentalischen griechischen
Lyrik genannt, hier dennoch zur Kronzeugin des Sentimentalischen
umfunktioniert, belegt Leopardis prekäre Stellung gegenüber
der zeitgenössischen Romantik und deutet gleichzeitig auf
die Schwellensituation seines Denkens zwischen ahistorischer Taxonomie
des 18. und dem beginnenden Historismus des 19. Jahrhunderts,
wie sie typisch ist für die epistemologische Bruchsituation
zwischen Aufklärung und Romantik.
PhiN 1/1997: 26
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Anmerkungen
1
Zur Relation von Verris
Roman und Leopardis "Ultimo canto" vgl. Muscetta 1976:
54ff.
2 Luigi Blasucci hat
zu Recht alle vermeintlichen Quellen der Sappho-Legende und ihrer
literarischen Tradition als zweitrangig für den "Ultimo
canto" ausgemustert, vgl. Blasucci 1989: 73ff.
3 Leopardi hätte
auch Voltaires provokante Frage "Demandez à un crapaud
ce que c'est que la beauté, le grand beau, le to kalon"
und die ebenso provokante Antwort "c'est sa femelle avec
deux gros yeux ronds sortant de sa petite tête" aus
dem Dictionnaire philosophique zitieren können, vgl.
Voltaire 1967: 50. Zu dieser Relativierung des Schönheitskonzepts
vgl. Penzenstadler 1992.
4
Zur sensualistischen
Relativierung ästhetischer Kategorien im 18. Jahrhundert vgl.
Dieckmann 1968.
5
Zur Weide bei Homer
und zur Buche bei Vergil vgl. Curtius 101984: 193, 197.
6
Zur Amalgamierung des
Häßlichen und des moralisch Minderwertigen in der griechischen
Antike vgl. Müller 1968/1983: 13-21.
7
Vgl. auch Immanuel
Kants Definition des vom Erhabenen geweckten Gefühls als
"negative Lust" in der Kritik der Urteilskraft
(Kant 1974, X: 165).
8
"He sprung from
the cabin-window (...) upon the ice-raft which lay close to the
vessel. He was soon borne away by the waves and lost in the darkness
and distance" (Shelley 1994: 215). "Darkness" und
"distance" sind nach Burke typische Elemente des "sublime",
vgl. Burke 1968: 72f., 144ff.
9
Zur Positivierung des
Häßlichen im Konzept des Erhabenen vgl. Dieckmann 1968/1983:
292ff.
10
Daß sich Leopardi
hier bisweilen wörtlich an Cesarottis Übersetzung angelehnt
hat, betont bereits Binni 1941-42, hier 1942: 43. Zum Nachweis
dieser Bezüge im einzelnen vgl. Maurer 1957: 210.
11
Vgl. Muscetta 1976:
66ff., Blasucci 1989: 71.
12
So etwa bei Blasucci
1989: 71: "L'argomento è quanto mai legato, dunque,
all'autobiografia del poeta".
13 Schillers Überlegungen
werden hier nur insoweit referiert, als sie Parallelen zu Leopardis
"Ultimo canto" aufweisen. Zu Schillers Relationierung
von "Sentimentalischem" und "Erhabenem" im
zeitgenössischen Kontext vgl. Jauß 1970: 95ff.
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